Plakatkunst
Kunst auf der Straße
Die künstlerische Hochblüte des Plakats in Wien 1900 wurde nicht zuletzt durch den Einsatz neuer chromolithografischer Verfahren begünstigt, die eine kostengünstige und weite Verbreitung des jungen Mediums ermöglichten. Als eine allen zugängliche „Mauerkunst“, als „Gemäldegalerie des armen Mannes“ erfüllte die Plakatkunst – über den reinen Werbezweck hinaus – auch einen demokratischen Anspruch und ist gleichsam Spiegelbild einer sich beschleunigenden, urbanen Alltagskultur. Die Ausstellungsplakate der Wiener Secession, allen voran die von Koloman Moser (1868–1918) und Alfred Roller (1864–1935), stellen hierbei die Speerspitze einer flüchtigen, aber schon damals von Sammler*innen heiß begehrten „Kunst auf der Straße“ (Ludwig Hevesi) dar. Der Verzicht auf Perspektive und Schatten, die Betonung von Fläche und Symmetrie sowie die Tendenz zur geometrischen Stilisierung sind bezeichnend für die Ästhetik dieser frühen Wiener Jugendstil-Plakate. Mit den wegweisenden Entwürfen Oskar Kokoschkas (1886–1980) und Rudolf Kalvachs (1883–1932) für die Kunstschau 1908 hält eine deutlich expressivere, freiere Formensprache in die Wiener Plakatkunst Einzug.