Tusche, Feder, Aquarell, Spritztechnik auf Katasterpapier
31,3×39,6 cm
Künstler*innen
Alfred Kubin
(Leitmeritz 1877–1959 Zwickledt)
Leider derzeit nicht ausgestellt
In peitschender Dynamik schwingt das Brontosaurus-Skelett seinen knöchernen Hals in diagonaler S-Linie quer durch das querformatige Werk. Sein riesiger Leib wächst aus dem Vordergrund und ist lediglich in Form der gigantischen hügeligen Rückenformation angeschnitten zu sehen. Alfred Kubin (1877–1959) verortet das prähistorische Ungeheuer in einer endlosen ebenen Landschaft, an deren Horizont sich eine Zusammenballung kleiner Häuser schmiegt. Erst bei näherer Betrachtung wird evident, dass es sich bei Kubins Feder-Tusche-Grafik mit dem Titel Schwarmgeister, die um 1904 entstanden ist, um ein raffiniertes Vexierspiel und eine köstliche Verschiebung der Wahrnehmungsebenen handelt: Nicht Knochen bilden das gigantische Skelett, sondern wild durcheinanderwirbelnde Menschenleiber, die in loser Zueinanderfügung wie ein Schwarm Makrelen oder Stare in dynamischem Austausch längst Vergangenes sichtbar machen. Kubin, der nach einer begonnenen Fotografenlehre in Klagenfurt und einem abgebrochenen Malereistudium in München zahlreiche Studienreisen absolvierte, erweist sich schon hier als grandioser Autodidakt, der sich als fantasievoller Darsteller von Gegenwelten und fantastischer Schilderer surrealer Ideen in die Kunstgeschichte einschreiben wird.
Eingebracht in die Leopold Museum-Privatstiftung 1994
Literaturauswahl
Alfred Kubin. Bekenntnisse einer gequälten Seele, hrsg. von Hans-Peter Wipplinger, Köln 2022 (Ausst.-Kat. Leopold Museum, Wien, 16.04.2022–24.07.2022).
Alfred Kubin. Aus meinem Reich. Meisterblätter aus dem Leopold Museum, hrsg. von Rudolf Leopold/Romana Schuler, Wien 2002 (Ausst.-Kat. Leopold Museum, Wien, 05.10.2002-06.01.2003).