Der deutsch-österreichische Maler und Grafiker Ludwig Heinrich Jungnickel (1881–1965) ist vor allem als der bedeutendste Tiermaler der österreichischen Moderne bekannt geworden. Aus Oberfranken gebürtig erhielt er seine künstlerische Ausbildung an den beiden Akademien und Kunstgewerbeschulen in München und Wien. Kontakte zu Künstlern wie Josef Hoffmann (1870–1956), Gustav Klimt (1862–1918), Oskar Kokoschka (1886–1980), Alfred Roller (1864–1935) und Egon Schiele (1890–1918) prägten Jungnickels Œuvre der ersten zwei Dekaden des 20. Jahrhunderts. Wie diese gouachierte Porträtzeichnung einer eleganten Dame in Dreiviertelansicht eindrücklich zeigt, bevorzugte Jungnickel in erster Linie grafische Techniken. Auf ein Liniengerüst von Bleistift und schwarzer Kreide setzte er gekonnt farbige und weiße Höhungen, um das Inkarnat und den opulenten mit Straußenfedern geschmückten Hut hervorzuheben. Dieses extravagante modische Accessoire erlaubt eine ungefähre zeitliche Eingrenzung der Arbeit auf die 1910er-Jahre.