Auf zu klein geratenen Füßchen, in erotischen spitzen Stiefelchen steckend, lediglich mit Strümpfen bekleidet, leicht nach vorne gebeugt, mehr tänzelnd als schreitend, die Hände zwischen die Schenkel geschoben, so stellt Rudolf Schlichter (1890–1955) die Figur in seiner Tuschezeichnung
Weiblicher Akt mit Knöpfstiefeln dar. Ein kleines Lächeln auf den Lippen und eine überproportionierte Kappe auf dem Kopf konterkarieren die erotische Aufladung des nackten Körpers im Profil.
Erotische Darstellungen stellen einen fixen Bestandteil in Schlichters Werk dar. Explizit, von schonungsloser Direktheit und von scharfem Blick getragen, so zeigt der Künstler Abgründe menschlicher Begierden. Obsessionen, Lust und Leidenschaft spielen darin ebenso eine Rolle wie abgebrühte Berechnung, Hoffnungslosigkeit und triste Lebensverhältnisse. 1938 wurde Schlichter von den Nationalsozialsten als „entarteter Künstler“ eingestuft. Insbesondere seine erotischen Darstellungen hat man als allzu subversiv wahrgenommen.
MH, 2021