„Rosa“, 1923

Schrill, vulgär und unverblümt grinst uns mit wulstigen, rot gefärbten Lippen und Rouge auf den hoch angesetzten Jochbeinen mit leicht geschrägten Schlitzaugen und derber Nase eine Frauengestalt nackt und maskenhaft entgegen. Otto Dix (1891–1969) verstärkt – mit der Schärfe eines gnadenlos genauen Beobachters menschlicher Abgründe – durch den Einsatz der weinroten und waldgrünen Aquarellfarben das Zerfließen der verruchten Gesichtszüge. Die mit zeichnerischer Qualität durch souveräne Pinselzüge dargestellte opulente Nacktheit des Oberkörpers trägt nicht nur die linke blanke Brust mit erotisch eingefärbter Brustwarze zur Schau, sondern auch eine Tätowierung: den Namenszug Rosa in einer Banderole. Gemeinsam mit der in roter Aquarellfarbe neben das Haupt der Dargestellten gesetzten Widmung „Für Herrn Anger-mayer Nov. 23. DIX.“ bezieht sie sich auf die Komödie um Rosa des Dramatikers und Drehbuchautors Fred Antoine Angermayer (1889–1951), den Dix auch in einem Porträt verewigt hat.

MH, 2021