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ONLINESAMMLUNG

„Blinde Mutter“, 1914

Leopold Museum,
Wien
Öl auf Leinwand
99×120 cm

Künstler*innen

  • Egon Schiele

    (Tulln 1890–1918 Wien)

Derzeit ausgestellt im OG3
Dieses großformatige Gemälde entstand im Frühjahr 1914 und wurde kurz darauf von der Jury der Münchner Secession für die jährliche Sommerausstellung auserwählt. Anders als in den ikonenhaften Tafelbildern früherer Jahre wie „Tote Mutter“ I, 1910, oder Mutter und Kind, 1912, inszeniert Egon Schiele (1890–1918) die Mutter mit ihren Kindern hier ganzfigurig. Doch auch hier dominiert der Eindruck der Beklemmung, wenn die nackte, blicklose Stillende ihre Kinder mit breit gegrätschten Beinen und weit nach vorn gebeugtem Oberkörper blockhaft umschließt. Für die eigentümliche Körperhaltung der Mutter ließ sich Schiele von Auguste Rodins (1840–1917) Plastik Hockende Frau von 1880/82 inspirieren, die als Karyatide in seinem Höllentor eine verlorene Seele darstellen sollte. Doch Rodins in Bronze gegossene Verletzlichkeit überführt Schiele in eine dem Querformat der Leinwand folgende Geometrisierung und Tektonisierung des Körpers, dem damit jeglicher Ausdruck von Zärtlichkeit und Gefühl abhandenkommt. Der bleiche Körperblock hebt sich ab vom erdtonigen, amorph-facettierten Umraum, nur im Hintergrund nimmt eine stilisierte Wiege – die schon die Assoziation der Bahre in sich trägt – die Orthogonalen des kubischen Körpers wieder auf. Aus der nährenden, schützenden Mutter macht Schiele ihr dunkles Zerrbild.

Objektdaten

Künstler*in​/Autor*in
  • Egon Schiele
Titel
„Blinde Mutter“
Datierung
1914
Kunst­strömung
Expressionismus
Kategorie
Gemälde
Material​/Technik
Öl auf Leinwand
Maße
99×120 cm
Signatur
Sign. u. dat. re. u.: EGON SCHIELE 1914
Nennung
Leopold Museum, Wien, Inv. 483
Inventar­zugang
Eingebracht in die Leopold Museum-Privatstiftung 1994
Literatur­auswahl
  • Rudolf Leopold: Egon Schiele. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, hrsg. von Elisabeth Leopold, München 2020.
  • Tobias Natter: Egon Schiele, Sämtliche Gemälde 1909-1918, Köln 2017.
  • Trotzdem Kunst! Österreich 1914-1918, hrsg. von Elisabeth Leopold/Ivan Ristić u.a., Wien 2014 (Ausst-Kat. Leopold Museum, Wien, 09.05.2014-15.09.2014).
  • Egon Schiele. Melancholie und Provokation, hrsg. von Elisabeth/Diethard Leopold, Wien 2011 (Ausst.-Kat. Leopold Museum, Wien, 23.09.2011–19.04.2012).
  • Wien 1900. Sammlung Leopold, hrsg. von Diethard Leopold/Peter Weinhäupl, Wien u.a. 2009.
  • Körper, Gesicht, Seele. Frauenbilder vom 16. bis ins 21. Jahrhundert, hrsg. von Elisabeth Leopold, Wien 2006 (Ausst.-Kat. Leopold Museum, Wien, 09.06.2006-02.10.2006).
  • Jane Kallir: Egon Schiele - The complete works. Expanded edition including a biography and a catalogue raisonné, New York 1998.
  • Otto Kallir: Egon Schiele. Oeuvre Catalogue of the Paintings, New York 1966.
  • Otto Nirenstein: Egon Schiele. Persönlichkeit und Werk, Berlin 1930.
Werk­verzeichnis
  • J. Kallir 1990/1998: P272
  • Leopold 1972/2020: 247
  • Natter 2017: 155
  • O. Kallir 1966: 193
  • O. Kallir (Nirenstein) 1930: 139
Schlag­wörter

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Provenienz

Provenienzforschung
im Leopold Museum i

Adolf Neufeld, Wien (vor 1920); (1)
Neue Galerie, Wien (vor 1930); (2)
Wolfgang Gurlitt, Bad Aussee und München (vor 1949); (3)
Dr. Rudolf Leopold, Wien (1952-1994); (4)
Leopold Museum-Privatstiftung, Wien (1994).

  1. Österreichisches Museum für Kunst und Industrie, Katalog zur Kunstschau 1920, Wien 1920, S. 42, Nr. 81
  2. Otto Nirenstein, Egon Schiele. Persönlichkeit und Werk, Berlin u.a. 1930, S. 88, Nr. 139, Tafel 100
  3. Michael Wladika, Egon Schiele, Blinde Mutter. Dossier zu „LM Inv. Nr. 483“ vom 16.01.2012, S. 46; Neue Galerie der Stadt Linz, Katalog zu Werken der Malerei und Zeichenkunst des XIX. u. XX. Jahrhunderts, Linz 1949, S. 28; Nr. 212
  4. Diethard Leopold, Rudolf Leopold – Kunstsammler, Wien 2003, S. 23f.; Wladika, Dossier zu LM 483, S. 47f.

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