Sich selbst befragend, sein Unbewusstes auslotend, selbstkritisch, aufrichtig und verständnisvoll, auch die eigenen Sehnsüchte, Nöte und Abgründe würdigend – wie in seinen Tagebuchaufzeichnungen erlaubt uns der Vorarlberger Maler und Zeichner Rudolf Wacker (1893–1939) in seinem Werk anrührende Einblicke. Das 1924 mit kraftvollen Kohlestrichen verdichtete Selbstbildnis mit Aktbild gibt auf psychologisch spannende Weise intime Obsessionen einer komplexen Künstlerpersönlichkeit preis: Das Thema der Sexualität findet sich in vielen Gemälden Wackers verklausuliert und in eine metaphernreiche künstlerische Sprache gegossen wieder. Als würde die erotisch aufgeladene Frauendarstellung mit gereckten Armen und Brüsten hinter seinem wirrhaarigen Haupt in Wahrheit aus seiner Vorstellung herauswachsen – so blickt uns der Künstler mit asymmetrisch hochgezogenen, markanten Augenbrauen, schiefem Mund, fragenden Augen, verspannten Schultern aus einer unruhig in alle Himmelsrichtungen tendierenden, kraftvollen Schraffur ratlos entgegen.
Eingebracht in die Leopold Museum-Privatstiftung 1994
Literaturauswahl
Moderne Österreichische Farbmalerei um 1918, hrsg. von Elisabeth Leopold, Wien 2021 (Ausst.-Kat. Leopold Museum, Wien, 03.02.2021-24.05.2021).
Linie und Form. 100 Meisterzeichnungen aus der Sammlung Leopold, hrsg. von Franz Smola/Fritz Koreny, Wien 2014 (Ausst.-Kat. Leopold Museum, Wien, 23.05.2014–20.10.2014).
Leopold Museum Wien. Österreichische Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts, hrsg. von Leopold Museum-Privatstiftung, München u.a. 2008.
Zwischen den Kriegen. Österreichische Künstler 1918–1938, hrsg. von Rudolf Leopold, Wien 2007 (Ausst.-Kat. Leopold Museum, Wien, 21.09.2007-28.01.2008).