Künstlerkollege Anton Josef Trčka (1893–1940), der von 1911 bis 1914 an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt in Wien studierte, porträtierte Egon Schiele (1890–1918) fotografisch mehrmals. Vorliegende Fotografie, die den Künstler sitzend, mit verschränkten Händen und im Profil zeigt, sowie jene, die
Egon Schiele mit Pferdchen, in die Kamera blickend, festhält, entstanden zeitgleich. Im Hintergrund ist in beiden Aufnahmen ein Gemälde zu sehen: Es handelt sich dabei um das im gleichen Jahr, 1914, entstandene Werk
Die Häuser am Meer, das der Architekt und Mitbegründer der Wiener Werkstätte Josef Hoffmann (1870–1956) als Erstbesitzer erwarb. In dem von Hoffmann gestalteten Österreichischen Haus auf der
Deutschen Werkbundausstellung in Köln 1914 platzierte er im reduziert gestalteten Empfangsraum über einer Sitzbank hängend das Ölbild von Schiele. Das Integrieren des Kunstwerkes in einen durchkomponierten, vorwiegend schwarz-weiß gehaltenen Wiener Werkstätte-Raum unterstreicht, dass sich Schieles teils ornamental wirkende Städtebilder als ein adäquater Bestandteil in das Verständnis des Gesamtkunstwerkes der Wiener Werkstätte einfügten.
KJ, 2024