Straßenszene, o. D.

Sein Blick fürs Markante erlaubt dem aus Karlsruhe stammenden Grafiker und Maler Karl Hubbuch (1891–1979) in seiner Tuschezeichnung Straßenszene mit den sparsamen Mitteln eines verdichteten Federstrichs fünf prominierende Figuren in ihren Charakteristiken zu erfassen und ihre Bewegungen und die Beziehungen zueinander glaubwürdig erlebbar zu machen. Zwei mondäne jüngere Damen werden von einem sportlichen Begleiter mit Kappe flankiert. Ein distinguierter Herr mit Hut und Spazierstock kommt ihnen in betont aufrechter Haltung entgegen. Im Hintergrund dazwischen ein korpulenter Glatzkopf der etwas nach Vorne gebeugt mit gekrümmtem Rücken an der Brüstung zu lehnen scheint die mit zügiger Linienführung angedeutet ist. Lässig hingeworfen imaginiert Hubbuch mit lockerem Strich höhere Gebäude mit denen er Großstadtambiente andeutet. Als Vertreter des sachlichen Realismus wird er zu einem scharfsinnigen Chronisten gesellschaftlicher Umbrüche im Deutschland der Zwischen- und Nachkriegsjahre.

MH, 2021