Aus dem Zyklus „Tod“: Tod hält Mädchen im Schoß, 1934

Menschliches Leid, Armut, Krieg und Tod prägen inhaltlich das Lebenswerk der in Berlin und München zur Zeichnerin und Grafikerin ausgebildeten Käthe Kollwitz (1867–1945). Mit dem weichen Strich der lithografischen Drucktechnik gestaltet Kollwitz die empathische Darstellung des sterbenden Kindes in monochrom herausgeformter Düsternis. Gekrümmt, mit stöhnend in den Nacken gesunkenem Kopf ruht die gequälte, ausgezehrte Gestalt auf dem Schoß einer dunkel verschleierten Figur. Das Gesicht des Kindes ist an das schwarz verhüllte Haupt des Todes gelehnt. Mit formaler Reduktion und Konzentration auf das Wesentliche zeichnet Kollwitz das ums Leben ringende Kind in plastischer Zuspitzung mit tief liegenden, geschlossenen Augen, hervortretender Nase und einem gequälten Zug um den offenstehenden Mund. Die schaurige und schonungslose Darstellung steht für Kollwitz’ Haltung, ihrem Einsatz für Humanismus und Pazifismus. Präsenz bekommt das Thema in ihrem Œuvre nach dem leidvoll erlebten Tod des zweitgeborenen Sohnes zu Beginn des Ersten Weltkrieges 1914.

MH, 2021