Ursprünglich als Fortsetzung seines 1908 erschienenen Jugendmärchens
Die Träumenden Knaben geplant, entwickelte sich Oskar Kokoschkas (1886–1980) Lithofolge
Der gefesselte Columbus zu einem autonomen Werk. Zuerst unter dem Titel
Der weiße Tiertöter in der Zeitschrift
Die Fackel publiziert, bot Kokoschka dem Berliner Verleger Fritz Gurlitt (1854–1893) die Herausgabe der überarbeiteten und umbenannten Fassung an. Auch dieser Grafikzyklus – neben
O Ewigkeit – Du Donnerwort und
Die chinesische Mauer – ist Ausdruck von Kokoschkas Obsession und Liebe zu Alma Mahler (1879–1964). 1913 entstanden, zeigen die zwölf Lithografien den Künstler als Christoph Kolumbus (1451–1506), der dem Weg seiner Geliebten – hier mit den Zügen Mahlers – in den eigenen Untergang folgt. Kokoschka griff erneut den brodelnden Konflikt zwischen den Geschlechtern auf, den er bereits im Drama
Mörder, Hoffnung der Frauen thematisierte, und webte persönliche Erinnerungen aus der Beziehung mit Mahler in seine Kompositionen ein. Mit der historischen Figur Christoph Kolumbus haben die Illustrationen nichts zu tun. Der Titel ist eine Anspielung auf den Film
Die Ankunft des Kolumbus, den Mahler und Kokoschka im Sommer 1912 sahen.
AS, 2021