Nachdem Oskar Kokoschka (1886–1980) bereits mit der Präsentation seines Plakatentwurfes für die
Kunstschau 1908 Die Baumwollpflückerin für Furore gesorgt hatte, brachte ihm das Drama
Mörder, Hoffnung der Frauen endgültig den Titel „Oberwildling“ ein. Uraufgeführt am 4. Juli 1909 im Gartentheater der internationalen
Kunstschau, löste das Stück einen handfesten Skandal aus, setzte sich Kokoschka doch über bürgerliche Konventionen hinweg und inszenierte die Beziehung von Mann und Frau als einen vor Gewalt und sexuellem Verlangen strotzenden Machtkampf. Um die Werbetrommel für das Drama zu rühren, gestaltete der Künstler auch ein Plakat: Hierbei bediente er sich der christlichen Ikonografie und griff auf das populäre Motiv der Pietà zurück. Jedoch zeigt Kokoschka die klagende Mutter Christi nicht als Trauernde, sondern als todbringende
Femme fatale, den blutverschmierten Leichnam Christi im Arm haltend. Die bewusst grob gehaltene Schrift betont den wilden und brutalen Charakter der Darstellung. Heute gelten das Plakat wie auch das Drama als erster Höhepunkt von Kokoschkas expressionistischem Schaffen.
AS, 2021