Überlebensgroß und ausnehmend schlank ist die Figur der
Knienden des deutschen Bildhauers Wilhelm Lehmbruck (1881–1919). Sie entstand 1911 in Paris und bedeutete im Schaffen des Künstlers einen radikalen Bruch mit den klassisch-antiken Proportionen. Die Überlängung der Formen, die aufrechte Haltung des Körpers, die gegenläufige, Bewegung suggerierende Armführung und das instabile Knien stellten für Lehmbrucks Bildhauerei einen Innovationsschub dar, der wegweisend und zukunftsträchtig wurde. Gleichzeitig eröffnen der gesenkte Blick und der demütig geneigte Kopf eine Sprache, die in Gestik und Mimik geistig-psychische Vorgänge im Menschen sichtbar macht. 1913 wurde die
Kniende in New York, Chicago und Boston im Rahmen der
Armory Show präsentiert und brachte dem deutschen Bildhauer internationale Anerkennung. Somit gilt das Werk nicht nur als die wichtigste Plastik von Lehmbruck, sondern stellt auch den Prototyp der expressionistischen Skulptur par excellence dar.
AK, 2021