Brief von Egon Schiele an Carl Reininghaus, 27. 08. 1916

Transkription:

Mühling, am 27. August 1916.
Lieber Herr Reininghaus! – ich denke oft daran, dass ich einige
B[e]träge von Ihnen erhielt, wofür Sie bis heute nichts bekamen.
Der Umstand aber, dass ich als Soldat nur Minuten finde um
arbeiten zu können, – wird mich doch rechtfertigen? – Dass
ich mich mit Ihnen noch vor dem Kriege nicht ausglich ist eine
Nachlässigkeit meinerseits, die ich voll einsehe.
Ich bin nun seit 14 Monaten Soldat – und meine Arbeiten in
Wien stehen seit der Zeit still. Hier wurde mir ein kleiner
Raum im Lager zugewiesen, in welchen [!] ich ab und zu arbeiten
kann. – Glauben Sie mir dass ich keine Minute untätig bin.
Ich habe einige Bilder in Arbeit und hoffe diese bis zum
Herbst soweit fertig zu bringen um sie sehen lassen zu können.
Ich komme jeden dritten Sonntag nach Wien und arbeite soweit
es möglich ist.
Sie möchten mir eine grosse Freude machen, wenn Sie mich das
nächstemal (Sonntag den 10. September) in Wien besuchen würden.
Bitte Sie, wenn es Ihnen möglich ist und Sie Lust haben um
eine kleine, rechtzeitige Verständigung.
Mit freundlichen Grüssen!

EGON
SCHIELE
1916

[eh. Vermerk des Empfängers:]
bea.[ntwortet] 7 9 16
unterwegs
nach Pest