Um 1900 war das bekannteste und einer ganzen Stilrichtung ihren Namen verleihende Medium in der bildenden Kunst das zwischen 1896 und 1940 erschienene Blatt
Jugend – Münchner illustrierte Wochenschrift für Kunst und Leben. Die Illustrationen der Zeitschrift, die auch satirische und kritische Texte enthielt, entstanden im direkten Auftrag der Herausgeber oder waren Reproduktionen bereits existierender Werke. Zu den Künstler*innen, die prominent in der
Jugend vertreten waren, zählten etwa Ferdinand Hodler (1853–1918), Lovis Corinth (1858–1925) oder Marie Schnür (1869–1934).
Der siebzehnjährige Egon Schiele (1890–1918) notierte auf seinem Entwurf für ein Titelblatt – der in der Zeitschrift jedoch nie zur Ausführung gelangte – in großen roten Lettern den Titel des Blattes und die Jahreszahl, während er die Nummerierung offenließ: „JUGEND·| 1907. №“. Schiele zeigt die junge Dargestellte im Profil mit leicht gesenktem Kopf: Mit leicht hochgezogener Augenbraue blickt sie aus dem Augenwinkel nach oben, aus dem Bild heraus. Das Haar ist mit einem violetten Tuch locker zusammengebunden, der Ärmel der gleichfarbigen Bluse ist hochgeschoben; eine Pose mit verschränkten Armen ist durch die Finger angedeutet, die am Ellenbogen ruhen. Der Entwurf ist detailliert ausgeführt und – anders als die meisten von Schieles späteren Arbeiten auf Papier – flächig koloriert.
SH, 2021