Die nahezu 172 Zentimeter hohe Modellierte Figur von Joannis Avramidis (1922–2016) entstand an einem Wendepunkt seines Gesamtwerks. Avramidis war 1943 als „Fremdarbeiter“ nach Wien gebracht worden und hatte an der Akademie der bildenden Künste zuerst Malerei (1945–1949) und danach Skulptur (1953–1956) studiert. Ein Studienaufenthalt 1955 in Paris brachte ihn mit den modernsten Tendenzen der Bildhauerei in Kontakt. Kurz nach seiner Rückkehr begann Avramidis seinen Skulpturen mathematische Berechnungen zugrunde zu legen. In der Modellierten Figur folgte der Plastiker jedoch noch dem traditionellen Ansatz und schuf das Bild eines fragmentierten Menschen mit aufgewühlter Oberfläche. 1962 lobte der berühmte Schweizer Bildhauer Alberto Giacometti (1901–1966) Avramidis für die Qualität und das Drama seiner Werke. In den folgenden Jahrzehnten konzipierte Avramidis einen Rundtempel, in dessen Mitte die Modellierte Figur als Symbol für das Maß neuer Mitmenschlichkeit aufgestellt werden sollte.
Josef Pillhofer. Im Dialog mit Künstlern der Moderne, hrsg. von Hans-Peter Wipplinger, Köln 2021 (Ausst.-Kat. Leopold Museum, Wien, 18.06.2021-10.10.2021).
Joannis Avramidis, hrsg. von Hans-Peter Wipplinger, Köln 2017 (Ausst.-Kat. Leopold Museum, Wien, 19.05.2017-04.09.2017).