Richard Gerstl (1883–1908) wählte für das Gemälde Obstbaum, das während seines Sommeraufenthaltes 1907 in Gmunden am Traunsee entstand, ein schmales Hochformat. Die angeschnittenen Latten des Holzzaunes am unteren Bildrand finden Fortsetzung in den vertikalen Pinselstrichen, die die Wiese beschreiben, aus der das Obstbäumchen wächst. Der Höhenzug wird unterbrochen durch den diagonal in den Bildraum ragenden Holzstoß. Die einzelnen Bildpartien weisen eine unterschiedliche Strukturierung auf. Die in Form von roten Farbtupfern angedeuteten Früchte erinnern noch an Gerstls pointillistische Phase um 1906, das Gebirge am oberen Bildrand wird wiederum von kräftigen Farbschlingen gebildet. In der Malweise wird der freie und expressive Schaffensprozess des Künstlers sichtbar, der ihm auch die Bezeichnung „Österreichischer van Gogh“ einbrachte.