Egon Schiele mit Militärkollegen und Offizieren, 1916

Am 1. Mai 1916 notierte Egon Schiele (1890–1918) in sein Tagebuch, dass er überraschenderweise nach Mühling abkommandiert worden sei und er gar nicht wisse, „wo das eigentlich ist“ (ESDA 1034). Westlich von Wien an der Erlauf in Niederösterreich befand sich ein Kriegsgefangenenlager für russische Offiziere, wo Schiele in der Provianturkanzlei beschäftigt wurde. Edith Schiele (1893–1918), die ihren Mann öfters besuchte und sich später in der nächsten Ortschaft Purgstall ein Zimmer mietete, schrieb an ihre Mutter: „Der Dienst leicht, die Behandlung der Officiere, nämlich der österreichischen, ihm gegenüber, sehr nett und zuvorkommend […].“ (ESDA 1044) Trotz der eintönigen Arbeit und großer Einschränkung seiner Tätigkeit als Künstler hatte Schiele Glück, dort stationiert zu sein; die Landschaft fand er reizvoll, er konnte spazieren gehen und sich zeitweise künstlerisch betätigen (ESDA 1046); zudem war die Versorgungslage besser als in Wien. Vorliegende Fotografie zeigt Schiele (hinterste Reihe, Zweiter von links) umgeben von Kameraden und drei Offizieren des Kommandos Mühling. Im Vergleich zu seinen Kollegen wirkt er schmächtig und wurde u. a. deswegen nicht zum bewaffneten Landsturmdienst tauglich befunden, sondern im militärischen Verwaltungsdienst eingesetzt.

KJ, 2024