Zum Inhalt springen
ONLINESAMMLUNG

Brief von Egon Schiele an Marie Schiele
, 15.07.1913

Leopold Museum,
Wien
Leopold Museum,
Wien
Leopold Museum,
Wien
Brief von Egon Schiele an Marie Schiele

15.07.1913

Bleistift auf Papier
22,5×17,6 cm

Künstler*innen

  • Marie Schiele

    (Krumau 1862–1935 Wien)

  • Egon Schiele

    (Tulln 1890–1918 Wien)

Leider derzeit nicht ausgestellt

Transkription:

  1. Juli 1913.
    Dienstag.

Liebe M. [Mutter] ich sehe alles ein, möchte,
gerne glaub’ mir; Du tust mir
aber unrecht. – ich fahre
meines Berufes wegen, dies
kostet auch weniger als Wien;
ich will meine Freude an der
Welt genießen, darum kann
ich schaffen; wehe dem aber
der sie mir nimmt. – Von nichts,
und niemand half mir, ich
habe meine Existenz mir
zu verdanken. Leicht ist, wenn
man einen Gehalt hat. – Ich
habe kein Geld liegen, lebe
von heute auf morgen, daß
ist meine Freude. Wenn ich
liegen hätte schenkte ich’s fort.
Ich brauche keinen Deckmantel

Du tust mir aber unrecht, fortwährend,
weil Du nicht begreifst daß ich
alles das, um dies schaffen zu
können unumgänglich notwendig
brauche. – Warum hilfst du mir
nicht? – Ich habe mehr durchmachen
müssen wie Du, im Verhältnis
bis jetzt, warum vergönnt
man mir nicht meine Freiheit,
natürlich die ist das größte Gut,
und kostete und kostet unendlichen
Kampf. – Schade und bedauerlich
der welcher nicht kämpft. –
Geduld haben! –
Suche im Primitiven die Wohltat!
Du wirst sie erreichen! und
glücklich sein. Nicht das
Zimmer! Hinaus!

Wer aber an meinen Empfindungen
zweifelt, das Andenken an
Verstorbene, der sticht mich
in’s Herz. ich weine nicht
mit Tränen und erinnere mich
nicht mit Geld. – Wer weiß
und kennt mich! Darum zweifle
ich an Dir. Bloß Banalität!
Leben und Sterben ist schön.
Ich freue mich auf Beides!
So lange Elemente sind, werden
sich auch die Körper begegnen!
Wenn ich Geld momentan hätte
würde ich sofort schicken was ich
habe. ich muß aber warten!
und glaube daß ich mir als
Erstes vorgenommen habe
sofort Geld zu senden um das
Grab endlich zu richten;

ich sitze aber nicht auf Geld, habe
nicht einen Heller gespart.

Ersuche [Anton] Peschka er möchte un-
bedingt bei Hauser, bei
Hauser nicht bei Kleiner
fragen was ein dicker Sockel,
sagen wir 100 cm x 80 cm aus
Kunststein!

[Skizze]

d.[as] ist Beton, der
als Sockel eben
für eine Keramik die ich mache
kosten würde. – ich [!] glaube höchstens
150 K. Peschka soll sofort an mich
schreiben!: Egon Schiele
pr. Adresse: Kunstschriftsteller
Arthur Rößler
z. z. [zur Zeit] Altmünster am Traunsee
Haus Gaigg. Herzlichst
Egon.

Objektdaten

Künstler*in​/Autor*in
  • Empfängerin: Marie Schiele
  • Absender: Egon Schiele
Titel
Brief von Egon Schiele an Marie Schiele
Datierung
15.07.1913
Kategorie
Autograf
Material​/Technik
Bleistift auf Papier
Maße
22,5×17,6 cm
Nennung
Leopold Museum, Wien, Inv. 7562 01
Inventar­zugang
Neuzugang 2023
Werk­verzeichnis
  • ESDA ID 131
Schlag­wörter
Egon Schiele
Datenbank der Autografen

Weiterführende Informationen zu Egon Schiele sowie Möglichkeiten zur Recherche in Primärquellen finden Sie in unserer Egon Schiele Datenbank der Autografen.

Egon Schiele Datenbank der Autografen

Wenn Sie weitere Informationen zu diesem Objekt haben, kontaktieren Sie uns bitte.

Provenienz

Provenienzforschung
im Leopold Museum i

Privatsammlung Leopold, Wien; (1)
Leopold Museum-Privatstiftung, Wien (2023)

  1. Archiv des Leopold Museums, Rechnung Nr. 01-2023 vom 18.04.2023

Sie haben eine Anfrage betreffend Provenienz? Kontaktieren Sie uns.