Wien
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Brief von Egon Schiele an Anton Peschka
12.07.1913
(Tulln 1890–1918 Wien)
(Wien 1885–1940 Wien)
Transkription:
Lieber A. [Anton] Peschka!
Es schmerzt mich daß ich Vorwürfe in diesem Maße, ohne
meine trüben Erlebnisse zu kennen, bekomme.
– Darum schreibe ich Dir; auch Gerti weiß nicht,
wenn man auch glaubt daß mein Dasein das
freudigste ist, wie viel und wie schwere
seelische Leiden ich ertragen muß. – Ich weiß
nicht ob es überhaupt jemanden gibt, welcher mit
jener Wehmut an meinen edlen Vater
sich erinnert; ich weiß nicht wer es verstehen
kann, warum ich gerade solche Orte aufsuche
wo mein Vater war, wo ich den Schmerz
in mir in wehmütigen Stunden absichtlich
erleben lasse. – Ich glaube an die Unsterblichkeit
aller Wesen, glaube daß ein Aufputz eine
Äußerlichkeit ist, das Andenken das mehr oder
weniger verwoben ist trage ich in mir. –
Warum malte ich Gräber? und viele ähnliche
Bilder? Weil das innig in mir fortlebt.
Blumen! Pflanzt Astern! ganz dicht. –
Das Geld ist der Teufel! – Was ich zu bekommen
habe, krieg ich nicht, nur einen Anzahlung und
was habe ich damit getan, nur was ich
nötig brauchte
ich war in Krumau weil es dort billiger
kommt als in Wien. ich war in München
weil ich nichts mehr hatte und bekam dort
100 MK [Mark] von [Hans] Goltz damit wollte ich
mich erfreuen. Nun kam dieses. –
Wenn ich habe werde ich tun was ich kann;
ich warte darauf.
Jedenfalls ist mir alles so bitter
gemacht daß es mich nicht freut
hier zu bleiben, obwohl der
Aufenthalt für mich doch nur
um doch eben wieder Geld zu
bekommen höchst nützlich ge-
wesen wäre.
Herzliche
Grüße
Egon.
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Privatsammlung Leopold, Wien; (1)
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