Vorliegende undatierte Skizze, offenbar für ein geplantes Gemälde, zeigt acht Gekreuzigte auf engstem Raum. Egon Schiele (1890–1918) verarbeitete zeitweise religiöse Motive oder Versatzstücke in seinen Werken. Gemälde wie
Liebkosung (Kardinal und Nonne), 1912, oder
Waldandacht (1915, Kunsthaus Zug, Stiftung Sammlung Kamm) zeugen von der Beschäftigung mit der Thematik. Letzteres zeigt ein Horror Vacui an kleinen Heiligenbildern vor monumentalen Kreuzen als Andachtsstätte in einem Wald. Eines der frühen Ölgemälde des Künstlers aus dem Jahr 1907 stellt eine
Kreuzigung mit verfinsterter Sonne dar, die mit ziemlicher Sicherheit auf Franz von Stucks (1863–1928)
Am Kreuze aus dem Jahre 1906 (Muzeum Narodowe, Poznan) Bezug nimmt. Fest steht, dass Schiele in der Komposition der
Kreuzigung eher traditionellen Darstellungen folgt, während er diese in seinem späteren Werk gezielt unterwandert. Gerade die
Liebkosung zeugt von der Beschäftigung des Künstlers mit menschlichen Abgründen, die in Kombination mit der Personifikation religiöser Ideale besonders stark kontrastiert und somit hervorgehoben wird.
AKe, 2023