In der Ölskizze Bauernhof bei Regen zeigt Marie Egner (1850–1940) ein unspektakuläres Bildmotiv, das aber in seiner ganzen Poesie ausgeschöpft und von idyllischer Auffassung geprägt ist. Ein vom Regen durchtränkter, ansteigender Weg führt – vorbei an Gemäuern, alten Holzzäunen und einem markanten Baum – hoch zu einem von Verfall gekennzeichneten Gehöft. In den hellen, skizzenhaft angedeuteten Farbflecken sind Tiere zu erkennen, die im Kontrast zur düsteren Farbigkeit des Bildes stehen. Durch die Figur mit Regenschirm und vor allem die hellen Lichtreflexe in dem sich sammelnden Wasser wird Starkregen angedeutet. Egner hatte um 1880 Emil Jakob Schindler (1842–1892) kennengelernt und einige Jahre dessen private Malschule in Schloss Plankenberg in Niederösterreich besucht. Sie gilt in ihrer poetischen Betrachtungsweise der Natur und der Zuwendung zu unscheinbaren Motiven als seine wohl treueste Schülerin.
Eingebracht in die Leopold Museum-Privatstiftung 1994
Literaturauswahl
Meisterwerke Leopold Museum, hrsg. von Hans-Peter Wipplinger, Köln 2018.
Frauenbilder. Künstlerinnen.19. und 20. Jahrhundert, hrsg. von Elisabeth Leopold, Wien 2017 (Ausstellungsbroschüre, Leopold Museum, Wien, 07.07.2017-18.09.2017).
Verborgene Schätze. Kunstwerke suchen Paten!, hrsg. von Hans-Peter Wipplinger, Wien 2016 (Ausst.-Broschüre Leopold Museum, Wien, 29.01.2016–22.02.2016).
Martin Suppan/Erich Tromayer u.a.: Marie Egner. Eine österreichische Stimmungsimpressionistin, Wien 1993.