Zum Inhalt springen
ONLINESAMMLUNG

Brief von Edith Schiele an Marie Schiele, 03.07.1915

Leopold Museum,
Wien
Leopold Museum,
Wien
Tinte auf Papier
19,3×14,5 cm

Künstler*innen

  • Edith Schiele

    (Wien 1893–1918 Wien)

  • Marie Schiele

    (Krumau 1862–1935 Wien)

Leider derzeit nicht ausgestellt

Transkription:

Neuhaus 3. Juli 1915.
Hotel – Central

Liebe geehrte gnädige Frau.

Vielen herzlichen Dank für Ihre so
lieben Zeilen! Sie müssen es Egon [Schiele] nicht
übel nehmen, daß er so garnichts von
sich hören läßt. – Er macht jetzt eine
böse Zeit mit, – der arme liebe Kerl. –
Es ist ein großes Unglück, daß Egon nach
Prag mußte! Weil sich die Tschechen im
Laufe des Krieges so fein benommen haben
werden sie jetzt auch danach behandelt, –
– nämlich wie Tiere; und Egon ist
leider unter lauter Tschechen. Es hat
mich schon viele Tränen gekostet –
alles das mit anzusehen, – es ist mir

garnicht möglich, jetzt klar und ruhig
darüber nachzudenken, – so aufgewühlt
ist mein Inneres. – Meine große Sorge
ist auch, ob mir Egon bei dem Hundeleben
(Sie verzeihen den Ausdruck.) das er
jetzt führen muß, – nicht krank wird,
Gott, – d.[as] wäre ja zu furchtbar! –
Untergebracht sind sie in Scheunen,
bei diesem schlechten Wetter, gerade
zu lebensgefährlich. – Egon muss alle
Hebel in Bewegung setzen, – um von
hier wegzukommen, er hat bereits
an Herrn [Anton] Peschka geschrieben, was er
machen soll, – bis jetzt ist aber noch keine
Antwort angekommen, hoffentlich trifft sie,
bevor es zu spät wird, – ein.
Liebe Mama, – darf ich so zu Ihnen
sagen? ich möchte es gerne, – und noch
eine Bitte habe ich, nennen Sie mich

– Du, – darf ich es auch? – das
Sie, es klingt so fremd, – und wir wollen
uns doch recht nahe kommen, – wir
gehören ja jetzt zusammen; – ich will
Ihnen eine gute treue Tochter sein, –
eine brave, aufopfernde Frau für
Ihren Sohn ihn beistehen in allen
guten und bösen Zeiten.
An Frau [Gertrude] Peschka schicke ich die
allerherzlichsten Grüße, – Leider war
es mir nicht vergönnt Fräulein Melanie [Schiele]
kennen zu lernen, – doch auch ihr
lasse ich die besten Grüße zu kommen,
nur Ihnen liebe gu.[te] Frau küsse
ich die Hände Ihre
Edith

[Kuvert:]
An
Frau
Marie Schiele
Wien XIII
Linzerstraße [geschrieben von anderer Hand:] 403.

E. S. [Edith Schiele] Neuhaus i. B. [in Böhmen] Hotel Central

Objektdaten

Künstler*in​/Autor*in
  • Absenderin: Edith Schiele
  • Empfängerin: Marie Schiele
Titel
Brief von Edith Schiele an Marie Schiele
Datierung
03.07.1915
Kategorie
Autograf
Material​/Technik
Tinte auf Papier
Maße
19,3×14,5 cm
Nennung
Leopold Museum, Wien, Inv. 7645 01
Inventar­zugang
Neuzugang 2023
Werk­verzeichnis
  • ESDA ID 2819
Schlag­wörter
Egon Schiele
Datenbank der Autografen

Weiterführende Informationen zu Egon Schiele sowie Möglichkeiten zur Recherche in Primärquellen finden Sie in unserer Egon Schiele Datenbank der Autografen.

Egon Schiele Datenbank der Autografen

Wenn Sie weitere Informationen zu diesem Objekt haben, kontaktieren Sie uns bitte.

Provenienz

Provenienzforschung
im Leopold Museum i

Privatsammlung Leopold, Wien; (1)
Leopold Museum-Privatstiftung, Wien (2023)

  1. Archiv des Leopold Museums, Rechnung Nr. 01-2023 vom 18.04.2023

Sie haben eine Anfrage betreffend Provenienz? Kontaktieren Sie uns.