Die neue Salome, um 1903

Diese Bronzefigur schuf der deutsche Bildhauer, Maler und Grafiker Max Klinger (1857–1920) um 1903. Klinger besuchte die Großherzoglich Badische Kunstschule in Karlsruhe und die Königliche Akademie der Künste in Berlin. In der Zeit um 1900 zählte er zu den bedeutendsten modernen Künstlern Europas. Diesen Ruf verdankte er nicht zuletzt der Tatsache, dass er angesichts neuer Erkenntnisse über die Polychromie antiker Plastik mit dem klassizistischen Ideal der monochromen Marmorfigur gebrochen hatte: Materialienmix und Buntheit wurden zu Markenzeichen der Skulpturen Klingers. Dieser Bronze, der Neuen Salome, liegt eine solche polychrome Gips- und Marmorfigur zugrunde. Ein erstes Gipsmodell realisierte Klinger 1887/88, die Marmorfigur dann 1893. In weiterer Folge kam es mit Zustimmung des Künstlers zu verkleinerten Abgüssen in Bronze (sog. Reduktionen), die der Berliner Bronzegießer Hermann Gladenbeck ausführte. Die biblische Figur der über Männer triumphierenden Salomé verdichtet wie keine andere die patriarchale Angst vor zu starken Frauen und ihren verhängnisvollen Einfluss auf Männer. Dieser Frauentyp wurde auf Französisch als „Femme fatale“ bezeichnet und bezeichnenderweise in Kunst und Kultur der vorletzten Jahrhundertwende sehr häufig rezipiert.

MR, 2022