Fragment einer Seite aus einem Skizzenbuch mit Figurenstudien, undatiert

In vielen Werken Egon Schieles (1890–1918) wird das Sujet durch markante, teils geometrische Formen bestimmt. Gemälde wie Prozession, Offenbarung, beide von 1911, [Liebkosung (Kardinal und Nonne)](/objekt/LM 529), Agonie (Neue Pinakothek, München) und Bekehrung I (Privatbesitz) von 1912 sind nur einige Beispiele. Auf vorliegendem Skizzenblatt, eine lose Seite aus einem ehemaligen Skizzenbuch, hielt Schiele Gedanken und Entwürfe für mögliche Gemälde fast. Mehrere Figurenstudien zeigen Formen übereinandergeschichteter und ineinandergreifender Menschendarstellungen. Rechts unten erinnert der anthropomorph architektonische Aufbau an Gustav Klimts Komposition in dessen Werk Tod und Leben, das den Kreislauf des menschlichen Daseins zum Thema hat. Während Klimt eine fließende, geschwungene Linienführung bevorzugt und die Flächen häufig ornamental ausschmückt, zeigen Schieles Formen Kanten und Ecken und eine meist dunklere Farbgebung.

KJ, 2024