Wien
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Brief von Egon Schiele an Carl Reininghaus
Dezember 1911
(Tulln 1890–1918 Wien)
(Graz 1857–1929 Wien)
Transkription:
Dezember 1911.
Karl Reininghaus! sei doch nicht so garstig! – Ich habe
erfahren daß Du „schon“ da bist. Wie geht es
Dir denn? – Ich wohne in Neulengbach mitten
in einer ganz großen Landschaft; kennst Du N. [Neulengbach]?
Ich will hier bleiben. Haben wir nicht Freundschaft
geschlossen,? Du? – Ich habe wenigstens das gesunde
Gefühl mit Dir nahe bekannt zu sein. – Weiß
ich was Du hast. – Deshalb vielleicht, ich sag’ es
gleich weil ich von Dir Geld haben wollte; Große
müßten doch auch Talent haben Geld fortzugeben,
hab ich nicht recht? Oder deshalb weil ich noch
immer nicht Deine alten Blätter die Du
hast für Neue austauschte? Schau das
wäre doch kleinlich, Du wirst mir doch
zutrauen daß ich Dir gerne meine Blätter
oder Bilder schenke. – Es geht mir ja jetzt
finanziell ganz gut, Schulden hab ich auch und
viel mehr Feinde. Aber schöne Bilder hab
ich gemacht. Ich stelle gegenwärtig kollekt.
in Deutschland aus, München, Folkwang Mus.[eum]
u.s.w. – aber nochmals will ich Dir sagen,
daß ich doch, wenn ich Dir neue Blätter
noch nicht mit alten austauschte, immer doch
daran dachte, mit meinem Freund zu tun
zu haben und nicht mit einem ekelhaften
Geschäftsmann. – Es stünde wirklich dafür
daß Du mit mir einmal so reden könntest,
weißt Du, ich hab’ Dich nämlich wirklich
ganz gern, aber Du sollst nicht von mir
so denken, wie von anderen, das kränkt
mich eigendlich [!] weil es nicht ein Feind
tut. – Besuch mich doch! – Aufsehen hab’
ich, und wollte ich nicht machen, aber
erreignet [!] hat sich inzwischen sehr viel,
weil ich doch schon einige Werke da hab.
Was glaubst Du? – Lachst Du auch
über meinen Brief so, wie damals über
den von [Carl] Moll? – Den Herrn hab
ich auch kennen gelernt. Grüß Gott!
Wiedersehn!
Egon Schiele
Neulengbach.
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Privatsammlung Leopold, Wien; (1)
Leopold Museum-Privatstiftung, Wien (2023)
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