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ONLINESAMMLUNG

Porträt eines*r Patienten*in („Lustknabe“), 1915

Leopold Museum,
Wien
Aquarell, Bleistift auf Papier
48,3×32,1 cm

Künstler*innen

  • Erwin Dominik Osen

    (Wien 1891–1970 Dortmund)

Leider derzeit nicht ausgestellt
Wie auch die anderen Porträts von Patienten fertigte Erwin Osen (1891–1970) auch diese Zeichnung im Frühjahr 1915 in der Nervenabteilung des Garnisonsspitals II an, in dem er selbst mit der Diagnose „chronische Neurasthenie“ über mehrere Wochen stationär behandelt wurde. Dabei stand die Diagnose Neurasthenie bzw. „Nervenschwäche“ häufig im Zusammenhang mit Diskursen über die Verweichlichung von Männern, die im Rahmen des Ersten Weltkrieges mit der Verbindung von Nervenstärke und heterosexueller Männlichkeit noch verstärkt wurde. Armeen versuchten, im Kontext von Militarisierung und Nationalinteresse eine „maskuline“ sexuelle Identität durchzusetzen – Homosexualität oder Transsexualität wurden nicht toleriert. Wir kennen den Namen dieses Soldaten nicht, den Osen als Lustknaben dargestellt und bezeichnet hat, doch seine (Selbst-)Inszenierung lässt darauf schließen, dass er von der Armee ausgeschlossen, pathologisiert und als „invertiert“ behandelt wurde.
Ähnlich wie im Porträt eines Patienten mit schwarzem Umhang belässt es Osen nicht bei der Tilgung des klinischen Milieus, er ersetzt es durch eine prächtige Anhäufung leuchtend bunter Kissen, was die Krankenhausumgebung in etwas gänzlich anderes – etwas Queeres verwandelt. Ohne den Entstehungshintergrund letztgültig klären zu können, bot der Lustknabe jedenfalls Gelegenheit für eine völlig andere, experimentellere Antwort auf Fragen des Patientenporträts. Mit ihrer bühnenhaften Inszenierung, ihren Farben, ihren Brüchen und Ambivalenzen widersetzt sich die Zeichnung dem allumfassenden Regime der Klinik, die ihr Entstehen erst ermöglichte.

Objektdaten

Künstler*in​/Autor*in
  • Erwin Dominik Osen
Titel
Porträt eines*r Patienten*in („Lustknabe“)
Datierung
1915
Kunst­strömung
Expressionismus
Kategorie
Grafik
Material​/Technik
Aquarell, Bleistift auf Papier
Maße
48,3×32,1 cm
Signatur
Sign. u. dat. re. u.: Osen Erwin von 1915: Garnis. Sptl.; bez. li. u.: „Lustknabe”
Nennung
Leopold Museum, Wien, Inv. 6426; der Erwerb dieser Zeichnung wurde ermöglicht durch die großzügige Unterstützung von Seiten des Vereins der Freunde des Leopold Museum
Inventar­zugang
Neuzugang 2019 2020
Schlag­wörter

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Provenienz

Provenienzforschung
im Leopold Museum i

Stefan Jellinek, Wien / Oxford (1915-1968); (1)
Ernst Heinrich Jellinek, Edingburgh (ab 1968); (2)
Diana Jellinek, Timperley, UK (bis 2020); (3)
Leopold Museum-Privatstiftung, Wien (seit 2020)

  1. Archiv des Leopold Museums, E-mail Mag. Verena Gamper an Dr. Alfred Fehringer vom 09.03.2022
  2. Christian Klösch, Stefan Jellinek. Eintrag im Lexikon der österreichischen Provenienzforschung vom 06.01.2019
    (https://www.lexikon-provenienzforschung.org/jellinek-stefan, 10.03.2022)
  3. Archiv des Leopold Museums, Rechnung vom 28.01.2020

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