Justa (Studie nach Akte im Wald), um 1920

Franz Wiegele (1887–1944) gehörte zu jenen Studenten, die 1909 auf Initiative Egon Schieles (1890–1918) aus Protest gegen den Lehrbetrieb an der Wiener Akademie der bildenden Künste die „Neukunstgruppe“ gründeten. Bekannt ist er allerdings ebenso wie sein Schwager Anton Kolig (1886–1950) vor allem als Protagonist jener losen Künstlergruppierung in Kärnten, die üblicherweise als „Nötscher Kreis“ bezeichnet wird. Bereits in den vor dem Ersten Weltkrieg entstandenen Arbeiten ließ Wiegele erahnen, dass plastisch modellierte, von dem beinahe mediterranen Licht Kärntens umspielte Körper und Gesichter einmal zum Markenzeichen seiner Malerei werden sollten. Justa – eigentlich Wiegeles Cousine Justine Tarmann – fungiert in der Großkomposition Akte im Wald (1911) als linker Teil einer Dreiergruppe; für die beiden anderen Figuren standen Wiegeles Geschwister Alfred und Katharina Modell. Das heute im Wiener Belvedere befindliche Hauptwerk des Malers ist also gleichermaßen ein unkonventionelles Familienbild wie eine bukolische Vision von zeitloser Strahlkraft.

IR, 2021