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ONLINESAMMLUNG

„Die Häuser am Meer“ („Häuserreihe“), 1914

Leopold Museum,
Wien
Öl auf Leinwand
99,5×119,7 cm

Künstler*innen

  • Egon Schiele

    (Tulln 1890–1918 Wien)

Derzeit ausgestellt im OG3

Eine frontal gesehene Häuserreihe, deren einzelne Gebäude wie Perlen aneinandergereiht sind, durchmisst das 1914 entstandene Gemälde als horizontales Band. Die darunter- und darüberliegenden Bildelemente folgen diesem Prinzip der horizontalen Schichtung und generieren damit ein eindrückliches Beispiel des bei Egon Schiele (1890–1918) in dieser Zeit kompositorisch dominanten Flächenraums. Nähe und Ferne werden ohne Zuhilfenahme perspektivischer Mittel suggeriert, indem die Terrainstreifen der unteren Bildhälfte enger geführt werden als die weiter entfernt erscheinenden Partien von Wasser und Himmel im Hintergrund. Die fünf nebeneinanderstehenden Häuser sind in diesem undefinierbaren Land zwischen Himmel, Meer und Acker in dezidierter Vereinzelung dargestellt; weit entfernt scheint die zelluläre Verbindung des Gebauten in Werken wie „Die kleine Stadt“ III. Der Eindruck der Isolation wird durch die Anthropomorphisierung der Häuser noch verstärkt, Fassaden werden zu bleichen Gesichtern, Fenster zu Augen und Mündern.

VG, 2022

Zusatztext gemäß Vergleich, Juni 2012:
« Eugenie „Jenny“ Steiner, geb. Pulitzer (1863–1958), war Eigentümerin einer Seidenmanufaktur und Kunstsammlerin. 1938, unmittelbar nach dem Anschluss, flüchtete sie vor den Nationalsozialisten nach Paris, emigrierte später in die USA. Egon Schieles Stadtlandschaft „Die Häuser am Meer“ („Häuserreihe“), ein Gemälde aus der Sammlung von Jenny Steiner, wurde von den Nationalsozialisten 1938 beschlagnahmt und veräußert. Es gelangte 1940 im Dorotheum zur Auktion, fand jedoch zunächst keinen Käufer. 1941 wurde es neuerlich im Dorotheum zur Versteigerung gebracht und von Josefine Ernst erworben. Ihr Sohn, Johann Ernst, verkaufte das Bild 1955 an Rudolf Leopold. Seither gehört für Rudolf Leopold, der lebenslang und erfolgreich für das Werk Egon Schieles eintrat, das Gemälde „Die Häuser am Meer“ („Häuserreihe“) zum Kernbestand der Sammlung Leopold.
Nachdem das Gemälde zweifelsfrei Eigentum der Leopold Museum-Privatstiftung ist, es aber ebenso eindeutig Jenny Steiner 1938 entzogen wurde, war es dem Leopold Museum ein wichtiges Anliegen, eine gemeinsame Lösung mit den Erben nach Jenny Steiner zu finden.
Nach langen Verhandlungen ist es zunächst im Jahr 2011 gelungen, mit der einzigen Enkelin von Jenny Steiner eine faire und gerechte Lösung herbeizuführen.
Im Jahr 2012 konnte auch mit den weiteren Erbengruppen eine gemeinsame Lösung gefunden werden. »

Objektdaten

Künstler*in​/Autor*in
  • Egon Schiele
Titel
„Die Häuser am Meer“ („Häuserreihe“)
Datierung
1914
Kunst­strömung
Expressionismus
Kategorie
Gemälde
Material​/Technik
Öl auf Leinwand
Maße
99,5×119,7 cm
Signatur
Sign. u. dat. li. u.: Egon Schiele 1914
Nennung
Leopold Museum, Wien, Inv. 452
Inventar­zugang
Eingebracht in die Leopold Museum-Privatstiftung 1994
Literatur­auswahl
  • Hundertwasser - Schiele. Imagine Tomorrow, hrsg. von Hans-Peter Wipplinger, Köln 2020 (Leopold Museum, Wien, 21.02.2020-31.08.2020).
  • Rudolf Leopold: Egon Schiele. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, hrsg. von Elisabeth Leopold, München 2020.
  • Tobias Natter: Egon Schiele, Sämtliche Gemälde 1909-1918, Köln 2017.
  • Trotzdem Kunst! Österreich 1914-1918, hrsg. von Elisabeth Leopold/Ivan Ristić u.a., Wien 2014 (Ausst-Kat. Leopold Museum, Wien, 09.05.2014-15.09.2014).
  • Jane Kallir: Egon Schiele - The complete works. Expanded edition including a biography and a catalogue raisonné, New York 1998.
  • Otto Kallir: Egon Schiele. Oeuvre Catalogue of the Paintings, New York 1966.
  • Otto Nirenstein: Egon Schiele. Persönlichkeit und Werk, Berlin 1930.
Werk­verzeichnis
  • J. Kallir 1990/1998: P281
  • Leopold 1972/2020: 248
  • Natter 2017: 159
  • O. Kallir 1966: 198 / XL
  • O. Kallir (Nirenstein) 1930: 147 / XXXV
Schlag­wörter

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Provenienz

Provenienzforschung
im Leopold Museum i

Josef Hoffmann, Wien (1914); (1)
Gustav Nebehay, Wien;
Karl Grünwald, Wien;
Wilhelm Steiner, Wien;
Jenny (Eugenie) Steiner, Wien (1922); (2)

Beschlagnahme/Pfändung durch NS-Behörden am 03.10.1938; (3)
Auktion: Dorotheum Wien, 04.02.1941, 463. Kunstauktion, Los Nr. 68;

Josefine Ernst, Wien (1941); (4)
Johann Ernst, Wien (o.D.); (4)
Dr. Rudolf Leopold, Wien (1955-1994); (5)
Leopold Museum-Privatstiftung, Wien (1994).

  1. Schreiben Egon Schieles an Josef Hoffmann vom 16.04.1914, in: Christian M. Nebehay, Egon Schiele 1890-1918. Leben Briefe Gedichte, Salzburg und Wien 1979, S. 306.
  2. Jane Kallir, Egon Schiele. The Complete Works, New York 1998, S. 327, P 281; Sonja Niederacher, Egon Schiele „Häuser am Meer“, Dossier Jenny Steiner vom 21.12.2009, S. 14f.
  3. ÖStA, AdR 06, VVSt., VA 46.567, Aktenvermerk vom 03.10.1938 und Vermögensverkehrsstelle an Reichsfluchtsteuerstelle vom 26. Jänner 1939.
  4. Sonja Niederacher, Egon Schiele „Häuser am Meer“, Dossier Jenny Steiner vom 21.12.2009, S. 16.
  5. Archiv des Leopold Museums, Kaufvertrag vom 01.08.1955.

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