Egon Schiele (1890–1918) äußerte sich nur selten inhaltlich zu seinen Werken, eine herausragende Ausnahme ist ein
Brief von Egon Schiele an Hermann Engel vom September 1911, in dem er seine Gedanken zu diesem Gemälde in Worte fasst: „‚Die Offenbarung‘! – Die Offenbarung eines betreffenden Lebewesens; Ein Dichter, ein Künstler, ein Wissender, ein Spiritist kann es sein. – Haben Sie schon gespürt welchen Eindruck eine große Persönlichkeit auf die Mitwelt ausübt? Das wär eine. – Das Bild muß von sich Licht geben, die Körper haben ihr eigenes Licht, das sie beim Leben verbrauchen; sie verbrennen; sie sind unbeleuchtet. – Rückwärts die Figur? – Die eine Hälfte soll also die Vision eines so großen Menschen porträtiert zeigen, daß der, der eben beeinflußt, hingerissen sich niederkniet, sich beugt vor der Größe die schaut ohne die Augen zu öffnen, die verwest, der das astralische Licht orange oder anders farbig ausströmt, in den [!] Übermaß daß der Gebäugte [!], hypnotisiert in den Großen fließt. – Rechts ist alles rot, orange, sattbraun links ist also das ihm ähnliche Wesen, das andersartig dem rechten Großen gleichsteht. – (Positive und negative Elektrizität vereinigen sich.) So soll bedeutet sein daß der knieende Kleine in den strahlenden Großen hineinschmilzt. Das wäre Einiges über mein Bild. ‚Die Offenbarung‘!“
VG, 2021