Unterbrochene Wallfahrt („Die kranke Pilgerin“), 1858

Ferdinand Georg Waldmüller (1793–1865) zeigt in seinem Gemälde Unterbrochene Wallfahrt („Die kranke Pilgerin“) von 1858 eine dramatische Szene: Es sind einfache Menschen in bäuerlicher Tracht, die sich mit einem blumenumkränzten Kruzifixus, getragen von einem jungen Burschen, zur Pilgerschaft aufgemacht haben. In felsiger Landschaft legen sie nun einen Halt der Andacht ein – rechts im Hintergrund die Gruppe der Betenden. Im Bildvordergrund aber liegt in gleißendem Sonnenlicht eine ohnmächtige junge Pilgerin, Frauen kümmern sich voll Anteilnahme um sie. In dieser überzeugenden Figurenkomposition eines aufsteigenden Dreiecks bedient Waldmüller die lange Tradition christlicher Kreuzigungsdarstellungen: oben der Gekreuzigte, zu seinen Füßen nur sein Lieblingsjünger und die Frauen, in deren Mitte Maria, die Mutter Jesu, dahingesunken ist. In vordergründig unbedeutenden Situationen die großen Themen anklingen zu lassen, ist ein typisches Merkmal der Malerei des Wiener Biedermeiers.

MK, 2021