Sigmundskron (Studie), 1920/21

In gedämpfter, gedeckter Farbigkeit von erdigen Tönen getragen, taucht der aus Osttirol stammende Maler Albin Egger-Lienz (1886–1926) seine Landschaftsstudie in die dichte Atmosphäre eines Wetterumschwungs. Der weite Himmel über der Hügelkette im Hintergrund, bauschige Blütenstände im Vordergrund und der zentralperspektivisch aus dem Vordergrund ins Bildinnere hineinführende und sich im Mittelteil der Wiesenlandschaft verlierende Weg stechen in ihrer weißen Farbgebung kontrastreich aus dem gedämpften Farbkanon heraus. Mit breiten, lockeren Pinselzügen und lasierenden Farbaufträgen verlieh Egger-Lienz der spontan hingeworfen wirkenden Darstellung etwas Flüchtiges. Nichtsdestotrotz betitelte und signierte Egger-Lienz die auf Karton gefertigte Arbeit und gab der Studie somit die Geltung eines vollwertigen Werkes. Trotz der strikten Ablehnung von Ferdinand Hodlers (1853–1918) Konzept des Parallelismus zeichnet sich Egger-Lienz’ Darstellung durch strengen Bildaufbau und zentralperspektivische Raumkonstruktion aus. Egger-Lienz bezog sich dabei auf eine in der Natur begründete Kompositionsformel, aus der er seine Bildfindungen ableitete und aufbaute.

MH, 2021