Mit sicherem Bleistiftstrich bannt der Tiroler Maler und Fotograf Artur Nikodem (1870–1940) ein Frauengesicht mit tief in die Stirn gezogenem Hut auf das Blatt. Der ernste, in sich gekehrte Blick der Dargestellten ist von uns leicht abgewandt und scheint in die Ferne gerichtet. Nikodem zeigt das Haupt leicht angeschnitten und verdichtet mit kraftvoller Schraffur – parallel geführten Strichen – die schattigen Partien. Die zügig gesetzte Linienführung, die den sich kräuselnden Kragen andeutet, beweist kalligrafische Qualität. Mit kraftvoll geschwungener Linienführung umreißt er die Hutkrempe. Der Bildausschnitt wirkt fotografisch gewählt. Die Zeichnung scheint schnell und routiniert erstellt, als handelte es sich um eine locker hingeworfene Skizze. Sie weist den international wahrgenommenen Vertreter der Tiroler Zwischenkriegsmoderne als genauen Beobachter aus, der in seinem künstlerischen Schaffen ruhelos nach neuen Möglichkeiten des Ausdrucks und nach maximaler Wahrhaftigkeit sucht.