Bildnis der Frau Josefa Ernst, 1856

Mildes Licht fällt frontal auf das Antlitz der von Ferdinand Georg Waldmüller (1793–1865) porträtierten alten Frau und hebt dieses aus dem flächig-dunklen Hintergrund. Geleitet von einem ausgeprägten Realitätsanspruch konfrontiert uns der Künstler mit dem von tiefen Furchen und Fältchen gezeichneten alternden Gesicht der Frau Josefa Ernst, die in nachdenklicher Konzentration mit starrem, in sich gekehrtem Blick an uns Betrachter*innen vorbeizuschauen scheint. Der nicht ganz akkurate Mittelscheitel und das die Züge der Dargestellten umfassende Spitzenhäubchen, welches von einer großen zinnoberroten Masche gehalten wird, steigern die strenge Gesamtwirkung. Waldmüller lehrte an der Akademie der bildenden Künste Wien Landschaftsmalerei und trat mit so ausgeprägter Vehemenz für Naturstudium und Freilichtmalerei ein, dass ihn dies letztlich seine Professur kostete. Dennoch: Als einer der prominentesten Vertreter der Wirklichkeitsdarstellung war er auch in der Gattung des Porträts höchst erfolgreich.

MH, 2023