Wien
Wien
Brief von Egon Schiele an Anton Peschka
14.03.1918
(Wien 1885–1940 Wien)
(Tulln 1890–1918 Wien)
Transkription:
Lieber A. P. ich schrieb gestern eine Karte an Dich und
vermute daß Du diese nicht bekommen könntest, weshalb
ich Dir nochmals denselben Inhalt und weitere Details
hiermit mitteile.
Unsere Ausstellung war am Eröffnungstag und
besonders an Sonntagen so besucht, daß man nicht mehr
gut gehen konnte. Man sah nur mehr begeisterte oder
entsetzte Menschen, welche die Bilder verstellten. Der
Ausschuß der Sezession hängte noch vor Beginn der Aus-
stellung eigenmächtig zwei Räume um, worinnen Deine
Bilder waren. Daher kam es, daß nichts im Katalog
von Dir reproduziert wurde, – doch hängen zwei
Blumenbilder, wozu ich passende Rahmen machen ließ,
die Dich gut, aber zu wenig zeigen. – Du mußt
unbedingt jetzt arbeiten, denn niemals war die
Gelegenheit so günstig wie diesmal, einen Erfolg
zu erwarten. Du lasest ja den ungewöhnlichsten An-
kauf gleich am ersten Tag. – Man sehnte sich
nach neuer Kunst, – nach Bewegung, und atmet
verjüngt auf. – Also trachte sofort nach
Wien zu kommen, – jeder Tag ist kostbar und
verheißend. – Telegramm wurde nicht an Dich
geschickt, da dies zu wenig wichtig war, und die
Annahme nicht durchzuführen war. Es wurde
Dir ja geschrieben und als Aussteller dringe
unbedingt darauf, daß man Dich abläßt.
Die Ausstellung wird Ende März geschlossen und
wird sofort weiter wandern. – Ich habe bereits
Beziehungen zum auswärtigen Amt angebahnt
und glaube daß es nicht ausgeschlossen ist, daß
das Ministerium die Ausstellung übernimmt.
Wenn Du nach Wien kommst, so arbeite, –
arbeite! – Damit Du in den folgenden
Ausstellungen besser vertreten sein kannst. –
Material kannst Du von mir haben, – malen
mußt Du auf Karton, da es Leinwand nur
zu ganz enormen Preisen gibt. – Wenn Du
Leinwand, die stark ist, auftreiben kannst, so
bring sie. Wir hoffen in absehbarer Zeit
nach Holland zu kommen um den Eindruck
welche die Ausstellungen des Kriegspresse-
quartiers im Haag, Rotterdam und Amsterdam
machten, zu verwischen. – Gleich wenn Du in
Wien ankommst so besuche mich nach 5h und
sei bis dorthin herzlichst gegrüßt!
EGON
SCHIELE
1918
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Privatsammlung Leopold, Wien; (1)
Leopold Museum-Privatstiftung, Wien (2023)
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