In seinem rätselhaften Stillleben mit Haubensteißfuß von 1928 erzeugt Rudolf Wacker (1893–1939) als Österreichs wichtigster Vertreter der Neuen Sachlichkeit Irritation. Der Bregenzer Maler macht Brüche und Ambivalenzen sichtbar, indem er unterschiedliche Dinge in Zusammenhang bringt und zwischen ihnen eigentümliche Beziehungen herstellt. Dominiert wird die sonderbare Inszenierung von einem präparierten Haubentaucher. Der zwischen suggerierter Lebendigkeit und lebloser Erstarrtheit dargestellte bizarre Wasservogel steht hochgereckt mit balzend aufgefächerter Federhaube da und ist mit seinen Lappenschwimmfüßen auf ein Stück organisches Material montiert. Dieses ruht auf einem schwarzen Holzsockel mit papierener Verzeichnisangabe. Das Objekt ist auf einer Zigarrenschachtel positioniert. Daneben steht ein mit fleischfarbigem Holzstab gestützter hochgeschossener Feigenkaktus in patiniertem Tontopf auf einem Kunstbuch. Delikat korrespondieren die Farben der Holzleiste und der Sukkulente mit den Füßen und dem Gefieder des Vogels. Im Hintergrund lehnt ein leinwandbespannter Keilrahmen, auf dessen Rückseite die Maßangaben prangen. Aus geschrägten, glatten Platten konstruiert Wacker einen bühnenhaften Raumausschnitt. An den Kanten vorbei blicken wir in den umgebenden Raum mit angeschnittenen Details. Inspiriert von den symbolisch aufgeladenen Darstellungen der Vergänglichkeit der Stilleben- und Blumenmaler des 17. Jahrhunderts entwickelte Wacker eine feinmalerische Technik mit Temperauntermalung und Harzöllasuren. Die Wirkung der wächsern glatten Malstrukturen erlaubt eine täuschend echte Darstellung von Materialien. Im Zusammenführen von täuschend echt dargestellten Objekten entwarf Wacker in einer Zeit politischer Unsicherheit und gesellschaftspolitischer Umbrüche ein psychologisch komplexes Spiel mit Inhalten und Deutungsmöglichkeiten auf assoziativer Ebene.