„Großer Spiegelakt“, 1926

Beinahe lebensgroß stellt der Maler Anton Kolig (1886–1950) einen Jünglingsakt vor einem Spiegel dar. Dies eröffnet die Möglichkeit, simultan auch den Rücken der Figur mit einzubeziehen. Zugleich fällt das Atelierlicht von rückwärts auf das Modell, wodurch die Vorderansicht im Schatten liegt und die im Spiegel wiedergegebene Rückenansicht hell beleuchtet erscheint. Mit diesem Simultaneffekt wird die Plastizität des Körpers besonders spürbar sowie die detaillierte Gestaltung der Anatomie. In dieser Darstellung vermitteln jedoch die verschränkten Arme vor dem Oberkörper, das angewinkelte Bein und der Gesichtsausdruck Scheu und Erschrockenheit des jungen Mannes. Im Laufe der 1920er-Jahre beschäftigte sich Kolig intensiv mit dem Motiv des stehenden männlichen Aktes. Dafür wählte er regelmäßig als Modelle junge Männer mit athletischem Körperbau, die er in dem damals als Atelier benutzten Saal des Gasthofs Michor in Nötsch posieren ließ.

AK, 2022